Wer wissen will, wie ein Gebirge klingt, muss nur einmal mit den Einheimischen sprechen, die rundherum wohnen. So wie nahe des Garraf-Gebirges an der spanischen Mittelmeerküste. Dort gibt es seit einiger Zeit eine geflügelte Beschreibung für den Sound des Areals. Übersetzt lautet sie in etwa: das Knattern von Garraf. Und es ist täglich zu hören.
Wie an jenem Wintermorgen, als die Hauptstraße noch im goldenen Licht der aufgehenden Sonne liegt. Zunächst ist nichts zu hören, doch von Sekunde zu Sekunde wird es lauter. Motoren heulen auf, zwei Motorräder zischen vorbei am Sonnenaufgang, hoch auf ein Plateau mit einem wunderbaren Ausblick auf das glitzernde Meer. Erst jetzt wird es wieder ruhiger. Die beiden Fahrer nehmen ihre Helme ab, setzen ihre Sonnenbrillen auf blicken in die Sonne. Beide sagen: „Das Knattern von Garraf ist wie eine Sinfonie in den Ohren.“
Karles Vives und sein Freund Dani Rodriguez kommen mit ihren Motorrädern oft hierher, um gemeinsam Touren zu unternehmen – wie so viele andere ihrer Landsleute. Sie zählen zu einer wachsenden Zahl von Custom Bikern, also Fahrern von personalisierten Motorrädern. Karles etwa will an diesem Tag seine neuen Reifen einem Härtteest unterziehen. Bald steht die von ihm jährlich organisierte Custom-Bike-Tour durch Marokko an, da muss alles passen.
Das Gebirge bietet beste Testbedingungen, asphaltierte Straßen wechseln sich mit staubigen Schotterpisten ab, kratergroße Schlaglöcher mit Erdhügeln sowie scharfen Anstiegen. „Wir sehen uns im Café. Es ist das einzige auf dem Weg, nicht zu verfehlen“, ruft Karles noch zurück, während er und Dani die Helme aufsetzen und davonfahren. Immer die hügelige Straße entlang, den Sonnenaufgang im Rücken.
Karles fährt nicht nur Custom Bikes, er entwickelt sie auch. Er ist momentan einer der gefragtesten Designer Spaniens, er erfüllt Kunden den Traum vom ganz speziellen Motorrad. Noch immer fährt er selbst jenes Bike, mit dem vor einigen Jahren seine Karriere angefangen hat. Eine BMW R100, die er nach seinen Vorstellungen umbaute ohne vorher jemals einen Reifen oder eine Bremse gewechselt zu haben. Sein Bike war so gut, dass es in Fachmedien veröffentlicht wurde. Karles bekam daraufhin Anrufe von potenziellen Kunden, er fing an neben seinem Job als Creative Director in der Werbebranche Motorräder umzugestalten. Irgendwann dachte er sich: Warum konzentriere ich mich nicht vollkommen darauf? Seine Marke Bespoke Fuel war geboren.